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Mi., 6. Juli 2022Lesezeit 10 minFather Hans Buob

15. Sonntag

Biblische Predigten zu den Sonntagsevangelien im Lesejahr C

Landscape with the Parable of the Good Samaritan, by Rembrandt van Rijn (ca. 1638)

Bibelstellen


Lukas 10,25-37

Und siehe, ein Gesetzeslehrer stand auf, um Jesus auf die Probe zu stellen, und fragte ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du? Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst. Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben! Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging vorüber. Ebenso kam auch ein Levit zu der Stelle; er sah ihn und ging vorüber. Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam zu ihm; er sah ihn und hatte Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. Und am nächsten Tag holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde? Der Gesetzeslehrer antwortete: Der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle du genauso!

Biblische Predigten


„Und siehe, ein Gesetzeslehrer stand auf, um Jesus auf die Probe zu stellen, und fragte ihn: Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben? Jesus sagte zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Was liest du?“ (vgl. Vers 25-26)

Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter ist ein sehr bekanntes Gleichnis. Ein Gesetzeslehrer will Jesus hereinlegen und fragt, was man tun muss, um das ewige Leben zu gewinnen. Die Einleitung im Griechischen „kai idou“ ((καιιδου) lässt sich übersetzen mit „und plötzlich“ oder „überraschend“. Das zeigt, dass an dieser Stelle ein neuer Gesichtspunkt zur Sprache kommt. Es geht um das Tun des Menschen im Blick auf das ewige Leben. Darum antwortet Jesus in V. 28: „Handle danach, und du wirst leben“ Es geht also im Blick auf das ewige Leben um die Frage: Was kann und muss ich als Mensch dafür tun?

Der Gesetzeslehrer meint es ja mit seiner Frage überhaupt nicht ernst. Deshalb fragt er auch ganz unpersönlich. Das ist hier nicht genau übersetzt, es müsste wörtlicher heißen: Was getan habend…?, also: Was muss man getan haben, um das ewige Leben zu bekommen? Man, nicht ich, also ganz unpersönlich. Jesus aber nimmt die Frage trotzdem auf und beantwortet sie für alle, die zuhören. Und er dreht den Spieß um: Er führt die Frage auf den Fragenden hin: nicht ich, sondern Du. Was liest Du im Gesetz? Der Gesetzeslehrer wollte ja mit seiner „man“-Frage ausweichen, doch Jesus macht daraus sozusagen ein „Seelsorgegespräch“, um die Mithörenden zum Tun zu bewegen, denn: Was ich als Mensch tun muss, um das ewige Leben zu gewinnen, ist eine ganz entscheidende Frage.

Der Gesetzeslehrer muss also die Antwort nun selber geben. Das ist natürlich peinlich für ihn. Denn das Gesetz ist ja Gottes Wille und bedarf keiner Begründung. Es ist absolut sicher und klar definiert. Das gilt auch für uns Christen heute: Ich muss die Zehn Gebote Gottes heute nicht vor der Welt verteidigen. Sie sind Wort Gottes und damit Wille Gottes. So steht es in der Bibel. Wir neigen ja dazu, hinter allem noch eine Begründung zu suchen. Das ist etwa im Bereich des Natürlichen und der Wissenschaft auch durchaus legitim und sogar notwendig, aber wir sollten uns schon klar sein: Für uns als Glaubende ist der wichtigste und beste Beweis das Wort Gottes. Das Gesetz ist Gottes Wille. Es bedarf keiner Begründung. Darum muss auch der Gesetzeslehrer, der Jesus versuchen will, ganz im Sinne Jesu antworten.

„Er antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele, mit deiner ganzen Kraft und deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst. Jesus sagte zu ihm: Du hast richtig geantwortet. Handle danach und du wirst leben!“ (vgl. Vers 27-28)

Das jüdische Glaubensbekenntnis, das der Gesetzeslehrer Jesu als Antwort gibt, betont die Bedeutung der Gottesliebe. Sich an die Gesetze halten ohne Gottesliebe macht erstere unmenschlich.

Im Griechischen steht hier wieder „agapein“ (αγαπειν), die göttliche Tugend der Liebe. Wir sollen Gott über alles lieben aus der Kraft, die Gott uns in der Taufe geschenkt hat, in der er uns die göttliche Tugend der Liebe eingegossen hat. Uns selber lieben ist ein ganz entscheidender Ausdruck an dieser Stelle. Wie viele Menschen können sich selbst nicht annehmen? Sie können sich nicht lieben so wie sie sind. Sei es, dass ihnen ihr Äußeres nicht gefällt oder dass sie nicht so gut reden können wie andere oder dass sie irgendeine Fähigkeit nicht haben usw.… Diese Menschen können nicht Ja sagen zu sich selbst. Sie können sich nicht lieben. Denn dazu muss ich zuerst die Liebe zu Gott haben. „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen…“ Wenn ich Gott liebe, kann ich seine Werke doch nicht hassen, und das höchste Werk, das, was eigentlich Abbild Gottes ist, das ist der Mensch. Das bin ich selber. Ich kann nicht Gott lieben und anerkennen und mich, sein Werk, ablehnen, als hätte er da einen Fehler gemacht. So kann ich mich nur von Gott her als etwas Wertvolles wahrnehmen und selbst bejahen, so wie ich bin und nicht, wie ich sein will. Wenn ich mich nicht selbst bejahe und mir dauernd einrede: „Du taugst nichts.“ „Du bist nichts.“ „Du bist dumm.“ „Du kannst nichts.“ „Lass die Finger davon.“ „Du hast ja nur Misserfolg.“ usw., dann kann ich auch die anderen Menschen nicht lieben, dann werde ich diesen Selbsthass auch auf andere übertragen. Dann verfolge ich mich in den andern. Deshalb ist dieses Liebesgebot das erste und wichtigste Gebot, in dem alle Gesetze und Gebote zusammenlaufen. Das ist das, was ich tun muss: Gott über alles lieben und von ihm her mich sehen und lieben, so wie ich bin, und dann auch den Nächsten, so wie Gott ihn geschaffen und gewollt hat. Das ist die wahre „agape“ (αγαπη), die göttliche Tugend der Liebe, die uns eingegossen ist und mit der wir lieben können.

Jesus lobt daher den Gesetzeslehrer für seine Antwort. Das ist für diesen natürlich peinlich. Hatte er doch gehofft, dass Jesus ihm keine Antwort würde geben können, doch dieser verweist als Antwort eben auf die Schrift, auf das Wort Gottes, wie es ja auch der Gesetzeslehrer selbst lehren soll. Er wollte also Jesus hereinlegen und muss jetzt ganz im Sinne Jesu antworten und ganz klar sagen, was zu tun ist, was das Wichtigste ist auf dem Weg zum Heil.

„Der Gesetzeslehrer wollte sich rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halbtot liegen. Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging vorüber. Ebenso kam auch ein Levit zu der Stelle; er sah ihn und ging vorüber. Ein Samariter aber, der auf der Reise war, kam zu ihm; er sah ihn und hatte Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein eigenes Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. Und am nächsten Tag holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme.“ (vgl. Vers 29-35)

Im Folgenden versucht der Gesetzeslehrer sich zu rechtfertigen und wechselt dazu jetzt plötzlich wieder auf die theoretische Ebene. Jesus hatte ihn ja sofort von diesem unpersönlichen „Was muss man tun?“ weggeführt, indem er fragte: Was liest Du? Gib Du die Antwort! Er hat ihn ganz persönlich angesprochen. Jetzt geht der Gesetzeslehrer wieder weg von dieser persönlichen Ebene, die ihm viel zu gefährlich ist, und schwenkt mit der Frage „Wer ist mein Nächster?“ erneut auf die theoretische Ebene um.

Und da bringt Jesus nun dieses sehr bekannte Gleichnis vom Barmherzigen Samariter. Zum besseren Verständnis muss man sich den historischen Kontext bewusst machen: Der Mann, der überfallen wird, kommt von Jerusalem, ist also ein Jude. Auch der Priester und der Levit, die vorbeikommen und weitergehen, sind Juden. Sie kommen von Jerusalem und gehen nach Jericho, der Priesterstadt. Und ausgerechnet der Samariter, dieser im jüdischen Verständnis Fremde, ja sogar Volksfeind aller Juden, ausgerechnet er hat dann Mitleid mit dem Überfallenen. Das Gleichnis ist also ganz stark zugespitzt und gibt jetzt Antwort auf die Frage des Gesetzeslehrers, was zu tun ist, um das ewige Leben zu erben.

Ganz bewusst lässt Jesus zwei Kultdiener vorbeikommen, Priester und Levit, die also direkt vom Tempeldienst vor Gott kommen und nach Jericho gehen. Anhand des Gleichnisses und anhand des zitierten jüdischen Hauptgebotes zeigt Jesus auf, dass die Liebe zu Gott sich ausdrückt in der Liebe zum Nächsten. Das ist auch der Sinn des Wortes: „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.“ (Mt 5,23f.) Ich kann nicht vor dem Altar dienen, damit gleichsam Gott scheinbar lieben, und gleichzeitig den Nächsten verachten und liegen lassen. Der Priester und der Levit sehen den Überfallenen und gehen „auf der anderen Seite des Wegs an ihm vorüber“. Sie haben auf jeden Fall Angst vor Berührung, denn wenn sie einen Toten berühren, sind sie unrein und können den Tempeldienst nicht mehr verrichten. Also gehen sie auf der anderen Seite vorüber – ein schreiender Widerspruch zwischen Gottesliebe im Gottesdienst und wahrer Nächstenliebe. Das göttliche, oder oft auch sehr menschliche Gesetz kann nicht das höchste Gebot auflösen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Überfallene ja auch ein Jude ist, einer von ihnen.

Und ausgerechnet dieser verhasste Samariter hat Mitleid. Er geht auf diesen überfallenen Juden zu ohne nach seiner Nationalität zu fragen und hilft ihm einfach. Damit zeigt Jesus, dass jeder Mensch zum Tun aufgerufen ist. Jesus kehrt jetzt die Frage: „Wer ist mein Nächster?“ um und verlangt von jedem Menschen barmherziges Handeln. Die Frage lautet nicht: „Wer ist mein Nächster?“, sondern es gilt: Mein Nächster ist der, an dem ich barmherzig handle. Dafür gibt es keine Grenze, weder eine nationale, noch eine religiöse, noch eine ethische. Deshalb ist die Frage: „Wer ist mein Nächster?“ überflüssig. Wo Not herrscht, bin ich zum Handeln aufgerufen.

„Wer von diesen dreien meinst du, ist dem der Nächste geworden, der von den Räubern überfallen wurde? Der Gesetzeslehrer antwortete: Der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle du genauso!“ (vgl. Vers 36-37)

Mit dem letzten Satz gibt Jesus dem Gesetzeslehrer also letztlich eine ganz klare Antwort auf seine erste Frage: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“: „Geh und handle genauso!“, dann tust du das, was du tun musst, um das ewige Leben zu gewinnen. Und dieser Antwort kann sich der Gesetzeslehrer nicht mehr entziehen. Er antwortet auch nicht mehr.

Aber diese Antwort Jesu gilt natürlich auch uns heutigen Christen, denn auch wir fragen uns ja immer wieder: Was muss ich tun, was ist das Wichtigste, um das ewige Leben zu gewinnen? Dass ich Gott über alles liebe und mich selbst von Gott her ganz akzeptiere und dann eben auch fähig bin, meine Mitmenschen anzunehmen und sie zu lieben, wie Gott sie liebt, mit der „agape“ (αγαπη), der in der Taufe eingegossenen göttlichen Tugend der Liebe.

Sicherlich ist nicht jeder Mensch so geartet, dass man ihm spontan um den Hals fallen möchte, aber mit der göttlichen Tugend der Liebe kann ich ihn akzeptieren, kann ihm in der Not helfen, kann ihn auch ehren und achten und muss ihn nicht verachten. Die göttliche Tugend der Liebe, die der Hl. Geist in uns bewirkt, hilft mir dabei.

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